Hoch über Bozen
Der Südtiroler Biodynamik-Winzer Martin Gojer vom Pranzegg-Hof interpretiert die Rebsorten seiner Heimat auf erfrischend "andere" Weise, sehr individuell und charaktervoll.
75 % der Weine Südtirols werden von Genossenschaften produziert, 20 % von größeren privaten Weingütern, 5 % von kleinen Winzern. Das sind zusammen 100 %.
Und dann gibt es noch Martin Gojer, einen Querdenker des Südtiroler Weins, der so ziemlich alles anders macht als die meisten anderen. Seine außergewöhnlichen, sehr individuellen, charakterstarken, manchmal ein bisschen "wilden" Naturweine erfordern ein wenig Offenheit und Aufgeschlossenheit, haben sie doch mit dem vorherrschenden Südtiroler Stil wenig gemeinsam. Sie zeigen vielmehr, wie Weine aus dieser traditionsreichen Weinbauregion auch schmecken können.
Kultur- und Naturbotschafter
Martin Gojer bewirtschaftet mit Partnerin Marion und seiner Familie den aus dem 15. Jahrhundert stammenden Pranzegg-Hof in den Weinbergen hoch über dem Bozener Talkessel. Eigene Weine werden dort erst seit 2009 produziert, zuvor lieferte man die Trauben an eine Genossenschaft.
Im Weingarten – gerade einmal 4 ha in steilen Hanglagen – und im Keller arbeiten Martin und Marion biodynamisch und handwerklich, gehen dabei sehr unkonventionell ans Werk. Sie kümmern sich intensiv um ihre bis zu 80 Jahre alten Weinstöcke, vergären die Moste spontan, belassen auch die Weißweine längere Zeit auf der Maische bzw. auf der Hefe. Die Weine werden in großen Holzfässern oder Betonbehältern gereift, und mit minimalen Schwefelmengen, ohne Schönung und Filtration abgefüllt.
Martin und Marion: "Kultur- und Naturbotschafter sein, so sehen wir uns. Weinbauern zu sein, bedeutet für uns in erster Linie, das Gebiet, den Ort, an dem wir leben, den Jahrgang und unsere Lebensweise zu erzählen. Um das unverfälscht tun zu können, arbeiten wir biodynamisch. Durch die Arbeit mit den Menschen, den Reben, den Obstbäumen, dem Boden, den Bienen, Schafen, Hühnern und Katzen wollen wir einen ganzheitlichen Zugang zur Agrikultur schaffen."
Pranzegg-Weine bei Wagner
Martin Gojer interpretiert klassische Südtiroler Rebsorten wie etwa Vernatsch sehr eigenständig. Seine Weine sind kaum mit anderen aus der Region zu vergleichen, sehr charaktervoll und eigenständig. Sie sind schwer einzuordnen, anspruchsvoll, ausdrucksstark, mutig, erfrischend anders. Die Familie produziert jeden Wein sehr individuell, rebsorten- und jahrgangsabhängig. Es gibt jeweils nur wenige Tausend Flaschen.
Vino Rosso Leggero 2021
Leichter Rotwein aus Vernatsch mit etwas Lagrein, rund 40 Jahre alte Reben, Traubenselektion aus drei Steillagen rund um den Bozener Talkessel, lehmige, sandige Böden, vulkanischer Porphyr, viel Quarzitschiefer. Reberziehungssystem: hauptsächlich Pergl, ein kleiner Teil auf Drahtrahmen.
Spontangärung, kurze Maischestandzeit, 50 % für 4 Tage auf der vergorenen Maische der Weißwein-Cuvée "Caroline" (siehe unten). Reifung: großes Holz und Edelstahl bis März 2022.
Tonsur 2021
Weißer gemischter Satz aus Müller-Thurgau, Weißburgunder, Sylvaner, Chardonnay.
Trauben von mehr als 30 Jahre alten Reben in einem steilen Weinberg (Ernte mit Seilwinde!) auf 700 m Seehöhe, südwestlich ausgerichtet, mit ca. 8 Sorten gemischt gepflanzt, 70 % auf Pergl, 30 % Guyot. Gemeinsame Spontanvergärung aller Sorten im Betonbehälter, gereift im Betonfass auf der Feinhefe bis zur Füllung im April 2022.
Caroline 2019
Cuvée aus Sauvignon Blanc, Chardonnay, Viognier, Manzoni Bianco. Ca. 16 Jahre alte Reben in Steillagen auf 350 m Seehöhe, nordöstlich ausgerichtet, Drahtrahmenerziehung, ein kleiner Teil auf der Pergl. Spontangärung, 6 Tage Maischestandzeit im Edelstahl, 11 Monate Reifung auf der Gärhefe im großen Holz, anschließend 11 Monate im Beton und 10 Monate in der Flasche.
Campill 2018
Vernatsch; über 50 Jahre alte Reben in Steillagen (Pergl-Erziehung), Spontangärung mit einem Teil der Traubenkämme in Holzgärständern. 12 Monate Reifung in großen Holzfässern, dann 10 Monate in Betontanks und weitere 10 Monate in der Flasche.
Laurenc 2016
Lagrein, ca. 16 Jahre alte Reben im Weinberg direkt beim Pranzegg-Hof, großteils Drahtrahmenerziehung, ein kleiner Teil auf Pergl. Spontangärung im Holzgärständer, 24 Monate Reifung im großen Holz, 24 Monate in der Flasche.
GT 2017
Gewürztraminer, Steillagen in 500 m Seehöhe, südwestlich ausgerichtet, querterrassiert, Guyot-Reberziehung, Spontanvergärung im Edelstahl mit allen Traubenkämmen, 5 bis 6 Monate auf der Feinhefe in Tonneau-Fässern aus Kastanienholz, anschließend ca. 6 Monate im Betontank.
Fuori 2013
Unter dem Namen "Fuori" produziert die Familie Gojer den jeweiligen Topwein des Jahrgangs, die Rebsorte kann wechseln. Der 2013er-Fuori in unserem Sortiment ist aus Vernatsch-Trauben von 60 Jahre alten Reben, Spontanvergärung in Holzgärständern und Stahltanks, Reifung: 2 Jahre in Tonneau-Fässern, 1 Jahr im Edelstahl, 2 Jahre Flaschenreifung.
Miau! Miau!
Ein sogenannter Pet Nat bzw. Petillant Naturel (= prickelnd + natürlich), ein hauptsächlich aus Vernatsch "altmodisch" bereiteter Schaumwein Dabei wird der Restzucker enthaltende, im Edelstahl spontan gärende Most in Flaschen gefüllt, mit Kronenkorken verschlossen und gärt von Oktober bis etwa März in der Flasche weiter, so bindet sich die Kohlensäure im Wein.